Drei Fragen an Almut Arneth

Warum ist Ihre Forschung für die Zukunft relevant?

Ich und mein Team beschäftigen uns  mal sehr allgemein gesprochen  mit den Interaktionen zwischen Landnutzungswandel, Klimawandel und Landökosystemen. Zum Beispiel: Wie wirkt sich Klimawandel auf das Wachstum in Wäldern aus und was bedeutet dies für die zukünftige Aufnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre – was ja wiederum den Klimawandel verlangsamt. Wie werden sich Ernteerträge verändern, und wo, wenn man Klimawandel berücksichtigt, aber auch das Management? Wir verwenden und entwickeln hierzu Simulationsmodelle, die räumlich aufgelöst sind und so für Regionen aber auch global gesehen verschiedene Prozesse in Ökosystemen berechnen, zum Beispiel Photosynthese und deren Interaktionen mit dem Wasserhaushalt und Stickstoffkreislauf. Wir koppeln mit Kolleg*innen am KIT diese Modelle auch an sozio-ökonomische Modelle der Landnutzung, um besser abbilden zu können, wie sich Bevölkerungswachstum und Pro-Kopf-Verbrauch oder Maßnahmen zu Klimawandelminderung auswirken und welche Rückkopplungen zwischen natürlichen und sozioökonomischen Systemen möglich sein könnten. Und schließlich beschäftigen wir uns seit einiger Zeit auch damit, bessere Modelle zu entwickeln, die es auch ermöglichen, Ökosystemprozesse und -funktionen mit Artenvielfalt zu verknüpfen.

Was ist Ihre Lieblingsstrategie, um ein interdisziplinäres Forschungsprojekt erfolgreich umzusetzen?

Eine konkrete Strategie habe ich hier eigentlich nicht. Generell ist es ja so, dass fachübergreifende Zusammenarbeit auch erfordert, die ‚Sprache‘, Terminologie und Methodik der Kolleg:innen anderer Fachrichtungen zu verstehen und zu akzeptieren. Dies erfordert Zeit und auch den Willen, sich damit etwas auseinanderzusetzen. Von daher finde ich es immer schön, wenn es gelingt langjährige Zusammenarbeit zu etablieren, sei es formell in mehreren aufeinanderfolgenden Projekten oder auch eher informell durch Ko-betreuung von Doktorand:innen, gemeinsame Publikationen, oder in Mitarbeit and Sachstandsberichten des Weltklimarats oder der Weltbiodiversitätsrats – hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ganz wichtig ist für mich hier aber auch, dass man sich auch persönlich gut versteht und neben der Wissenschaft auch mal Spaß zusammen haben kann. Dies ist leider, wie so vieles, ziemlich unter die Coronaräder gekommen, eine gemeinsame Kaffeepause oder ein Bier vor dem Zoomschirm funktioniert leider nur sehr bedingt im Vergleich zu dem Stehtisch im Konferenzzentrum oder dem abendlichen Kneipenbesuch.

Mit welcher anderen Disziplin würden Sie gerne mal zusammenarbeiten, selbst wenn das in Ihrem Bereich ungewöhnlich wäre und welche Forschungsfrage würden Sie mit dieser Disziplin gerne bearbeiten?

An sich ist in meinem Forschungsbereich die interdisziplinäre Zusammenarbeit schon recht weit verbreitet. Ganz typisch beispielsweise mit Ökonom:innen oder Sozialwissenschaftler:innen. Gerade mit letzteren gäbe es aber spannende Aspekte, die ich gerne weiter ausloten würde. Ethische Fragestellungen z. B. was Nutzung von Landressourcen anbelangt oder auch unterschiedliche Interessen, wenn es um Naturschutzgebiete geht, die ja immer auch menschlichen Zugang einschränken oder auch wenn es um die Rückkehr von Raubtieren oder großen Herbivoren geht, die ja durchaus auch als Bedrohung wahrgenommen werden. Generell ist der Aspekt der ‚nicht-monetären‘ Bewertung von Ökosystemen und Biodiversität ein wichtiger und ich würde hier gerne verstärkt mit den Sozialwissenschaften arbeiten um Methoden zu entwickeln, wie meine Modellierung hier beitragen kann und umgekehrt.

Eine ganz andere, sicher wesentlich ungewöhnlichere Idee, wären die bildenden Künste. Zum Beispiel: Kann ich die hunderten, tausenden von Landschaftsgemälden in Museen dazu heranziehen, die Historie menschlicher Landnutzung besser zu quantifizieren? Wenn ich zum einen weiß, wo das Gemälde entstanden ist, wie die Landschaft dort heute aussieht und wie ich vielleicht auch verschiedene Malstile und Perspektiven aus unterschiedlichen Zeiten interpretieren kann, dann wäre das ein spannendes Projekt.

Wir danken Almut Arneth herzlich für das Gespräch. Sollten Sie ebenso an zukunftsrelevanten interdisziplinären Themen arbeiten, laden wir Sie dazu ein, mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir würden auch gerne Ihre Perspektive an dieser Stelle sichtbar machen und unser Netzwerk erweitern. Schreiben Sie einfach eine Mail an: judith mueller∂kit edu.

Gesprächspartnerin

Prof. Dr. Almut Arneth

Foto von Almut Arneth am Tisch sitzend
Bild: Gabi Zachmann

Prof. Dr. Almut Arneth ist Abteilungsleiterin am Institut für Meteorologie und Klima/Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) - der Campus Alpin des KIT. Sie ist auch Professorin am Institut für Geographie und Geoökologie (IFGG). Sie beschäftigt sich vor allem mit Fragen zu nachhaltiger Nutzung von Landöksystemen und den Konflikten, aber auch Synergien, die es gibt zwischen Nahrungsmittelproduktion, Naturschutz und Klimawandel.