Wärmewende zum Mitmachen: das Projekt GECKO am KIT

Es ist von Vorteil, wenn die Bedenken, aber auch das Wissen der lokalen Bevölkerung früh in die Entwicklung neuer Energieinfrastrukturen einfließen. Einen erfolgversprechenden Weg zeigt das GECKO-Projekt für die geplante Nutzung der Geothermie am KIT.
Eine schematische Darstellung eines Fernwärmenetzes mit einem Geothermie-Kraftwerk in der MitteGECKO Projekt

Mit einem Fernwärmenetz werden die unterschiedlichen Verbraucher mit der aus der Tiefe gewonnenen Wärme der Geothermieanlage versorgt.

Rund 50 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf Heizzwecke, Warmwassererzeugung sowie industrielle Prozesswärme und -kälte. Aus diesem Sektor des Energiesystems, auch Wärmesektor genannt, kommen in Deutschland knapp 50 Prozent der CO2-Emissionen. Eine klimaneutrale Neugestaltung des Wärmesektors (die sogenannte Wärmewende) ist daher für die Energiewende und das Erreichen der Klimaschutzziele von entscheidender Bedeutung. Mit ihrem Potenzial zur Bereitstellung von Wärme und Strom kann die Geothermie, also die unterhalb der Erdoberfläche vorhandene Energie, eine wichtige Rolle in einem zukünftigen Energiesystem spielen.

Um die Klimaschutzziele für die Wärmeversorgung zu erreichen, müssen wir unseren Energiebedarf über neu zu errichtende Infrastrukturen decken. Erneuerbare-Energien-Anlagen sind trotz eines breiten Konsenses für die Energiewende oft umstrittene Infrastrukturen. Bei geothermischen Anlagen konzentriert sich die Diskussion zum einen auf Erfahrungen der häufiger anzutreffenden Nutzung der oberflächennahen Geothermie, wie beispielsweise eine mögliche Verschmutzung des Trinkwassers. Zum anderen auch auf direkte Erfahrungen mit der tiefen Geothermie, wie beispielsweise Risse und Schäden an Gebäuden durch Erschütterungen in Folge des Einpressens von Wasser in den tiefen Untergrund.

Oft gibt es lokal Kritik an Entscheidungsprozessen, die im Sinne der Bürger:innen-Beteiligung als unzureichend empfunden werden. Die Frage ist also: Wie kann eine für alle Seiten zufriedenstellende Bürger:innen-Beteiligung im Sinne einer echten Partizipation bei einem Infrastrukturprojekt gestaltet werden?

Gestalten Sie die regionale Wärmewende mit!

Mit dem GECKO-Projekt suchen wir eine Antwort auf diese Frage. Das KIT plant, seine Wärmeversorgung zukünftig klimaneutral zu gestalten. Am KIT Campus Nord, ungefähr zehn Kilometer nördlich von Karlsruhe gelegen, soll dazu auch die Tiefengeothermie beitragen. Hier erproben wir einen neuen Ansatz für eine bürger:innennahe Infrastrukturplanung. Dafür arbeiten in GECKO Geowissenschaftler:innen aus dem KIT interdisziplinär zusammen mit Sozialwissenschaftler:innen aus dem KIT und dem Öko-Institut e.V..

Die grundlegende Idee von GECKO basiert auf der frühzeitigen Bürger:innen-Beteiligung in einem sogenannten transdisziplinären Ansatz. Als transdiziplinär werden Forschungsprojekte bezeichnet, in denen Wissenschaftler:innen und Praxisakteure gemeinsam an der Lösung gesellschaftlicher Probleme arbeiten. Die Vorstellungen der Bürger:innen sowie ihre Bedenken und Erwartungen an das Infrastrukturprojekt in ihrer Wohn- und Arbeitsumgebung sollen in die Vorhabensentwicklung eingebunden werden. Dies geschieht im Rahmen von Workshops, zu denen die lokale Bevölkerung, Expert:innen sowie weitere gesellschaftliche Akteure eingeladen werden.

Gestalten Sie die regionale Wärmewende mit! So stand es in der Einladung, der mehr als 60 Teilnehmende für die Kriterien-Workshops folgten. Kern der Workshops war eine Diskussionsrunde in Kleingruppen mit dem Ziel, Kriterien für das Infrastrukturprojekt zu identifizieren. Dort konnten die Teilnehmenden offen ihre Aspekte einbringen und wurden so zu aktiven Vertreter:innen für ihre Belange.

Transparenz, Risikominimierung und ganzheitliche Betrachtung

Neben der Diskussion war auch Zeit eingeplant für die Fragen der Teilnehmer:innen zur Geothermie im Allgemeinen und zum Projekt GECKO im Besonderen. Mehr als 30 gesammelte Fragen sprechen für die offene Stimmung, die in den Workshops herrschte. Diese Fragen wurden beantwortet und sind auf der Webseite des Projektes unter der Rubrik FAQ einsehbar.

Eine Wortwolke mit Begriffen, die Workshopteilnehmenden bei der Umsetzung eines Geothermie-Projekts wichtig wären
Was ist Ihnen bei der Umsetzung eines Geothermievorhabens wichtig?
Momentaufnahme aus dem Kriterien-Workshop des GECKO Projektes
Bild: GECKO Projekt

Am häufigsten erwähnten die Teilnehmenden Aspekte der Transparenz. Das umfasst eine offene und ehrliche Kommunikation von Informationen genauso wie auch deren unabhängige und neutrale Erarbeitung, um allen Interessierten eine Mitsprache zu ermöglichen. Die Bürger:innen wünschten sich einen Vergleich der Wärmeerzeugung durch Geothermie mit anderen Technologien wie der Solarthermie oder der verstärkten Nutzung von Photovoltaik.

Nicht überraschend ist das starke Informationsinteresse im Hinblick auf die Einschätzung verschiedener Risiken. Die induzierte Seismizität, verstärkte Emissionen oder die Trinkwasserverschmutzung sind einige solcher möglichen Risiken. Um sie zu überwachen und rechtzeitig eingreifen zu können, wurden vollumfängliche absichernde und präventive Maßnahmen sowie ein kontinuierliches Monitoring gefordert. Hierzu gehören auch Maßnahmen wie Versicherungen, die finanzielle und rechtliche Risiken absichern wie beispielsweise Gebäudeschäden.

Wärmewende mit Unterstützung der Öffentlichkeit

Unsere Aufgabe ist es nun, die von den Bürger:innen erhaltenen Kriterien in die Szenarien für die Nutzung der Geothermie am KIT Campus Nord einzubinden. Einige der Bemerkungen der Bürger:innen beziehen sich auf die Wärmegewinnung aus dem Untergrund oder deren CO2-Einsparpotenzial. Andere Bemerkungen hingegen beziehen sich auf das Sicherheitskonzept beispielsweise für die Überwachung des Grundwassers. Die verschiedenen Ausprägungen zur Nutzung der Geothermie wird in zwei bis vier Szenarien gebündelt und den Bürger:innen im Szenarienworkshop zur Diskussion und Bewertung gestellt. Das Ergebnis geht in das Nutzungskonzept ein, das erneut mit ausgewählten Akteuren diskutiert wird. Im finalen Schritt wird dieses Nutzungskonzept als Handlungsempfehlung allen Beteiligten und Akteuren, so auch den möglichen Betreibern, zur Verfügung gestellt.  

Das Feedback der Teilnehmenden der ersten Workshops war bereits einhellig: Sie fühlten sich wertgeschätzt und finden diese Art der aktiven Beteiligung sehr passend. GECKO scheint einen erfolgversprechenden Weg darzustellen, wie sich Bürger:innen und Wisenschaftler:innen begegnen können, um gemeinsam diese wichtige Aufgabe der Konzeptentwicklung für die Infrastrukturplanung zu meistern. Denn für die Wärmewende bleibt noch viel zu tun.

 

Zum Weiterlesen:

Publikationen des Projektes GECKO

Klimaschutzkonzept „zeozweifrei“ des Landkreises Karlsruhe

Informationen des Umweltministeriums des Landes Baden-Württemberg zur Geothermie

Informationen des Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB)

 

Autor:innen des Textes waren außerdem:

KIT INE: Florian Bauer

KIT ITAS: Christina Benighaus, Sophie Kuppler, Christine Rösch

Öko-Institut e.V.: Judith Krohn, Melanie Mbah,

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