Eine besondere Rolle im Verhältnis von Kultur und Technik spielt der Zeitaspekt. Strategische Entscheidungen über Technik erfolgen stets vor dem Hintergrund von Zukunftserwartungen, in die nicht nur Extrapolationen technischer Möglichkeiten, sondern auch gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen eingehen. Umgekehrt, wenn Technik entwickelt ist und in gesellschaftliche Nutzungskontexte „entlassen“ wird, finden Adaptions- und Enkulturationsprozesse statt. Technik verändert Gewohnheiten, Lebensstile, ökonomische Verhältnisse, soziale Zusammenhänge bis hin zu konstitutiven kulturellen Elementen. Technik ist faktisch zukunftsprägend, unabhängig davon, ob dies im Sinne ihrer Entwickler erfolgt oder nicht. Einmal implementierte Technik ist dann Bestandteil der nachfolgenden Welt – bis zu ihrer Entsorgung. Ist Technik einmal „in die Welt gesetzt“, zieht sie eine unabsehbare Menge an kulturellen Folgen, Nebenwirkungen etc. hinter sich her, indem sie zum Inventar der zukünftigen Welt gehört. Diese Folgen und Wirkungen sind Gegenstand der empirischen Technikfolgenforschung.
Technik weist jedoch auch Vergangenheitsbezüge auf. Zum einen dadurch, dass vergangene Technik, ihre Entstehung, ihre Rolle in den vergangenen Gesellschaftsformen und ihre Relikte wichtige Gegenstände der geschichtswissenschaftlichen Forschung sind. Zum anderen können auch vergangene technische Visionen und Utopien, sozusagen die vergangenen Zukünfte der Technik, Objekt der Forschung sein. Solche kulturell verbreiteten Zukunftsentwürfe konnten und können sowohl Hoffnungen als auch Befürchtungen hinsichtlich der realen Entwicklung wecken und damit diese Entwicklung nachhaltig beeinflussen. Die vertrauten Erscheinungsformen überholter Technik führen häufig angesichts der durch diesen Veränderungsprozess hervorgerufenen Beschleunigungserfahrungen zu nostalgischen Rückwendungen, die beim Bemühen um Technikakzeptanz berücksichtigt werden müssen und sich teilweise bereits auf der Ebene des Design und Marketing von innovativer Technik deutlich auswirken.
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